Die Welt ist im Aufruhr. Die ungehinderte Kriegsspirale bringt Tod und Leid über immer mehr Menschen. Die Kriege in der Ukraine, im Nahen Osten und in anderen Regionen dieser Welt, sind verbunden mit einer geopolitischen Konfrontation. Die USA fürchten durch den wirtschaftlichen Aufstieg des Globalen Südens mit China den Verlust weltweiter Dominanz, sie schüren militärische Konflikte. Selbst ein 3. Weltkrieg mit Atomwaffen ist möglich. Die deutsche Regierung ordnet sich dieser US-Politik unter. Sie liefert Waffen in Kriegsgebiete. Auslandseinsätze der Bundeswehr nehmen zu. Die Regierungspolitik militarisiert die Gesellschaft. Demokratie und Meinungsfreiheit sind bedroht. Die Etablierung von Cancel Culture schränkt das Grundrecht des freien Worts ein.
Wir sind Teil der Friedensbewegung. Unsere Solidarität gilt den Opfern aller Kriege. Wir fordern ein Ende des Gemetzels im Gaza-Streifen. Wir fordern einen sofortigen Waffenstillstand und den Beginn von Verhandlungen, die das Ziel haben Selbstbestimmungsrechte und Frieden sowohl für die palästinensische, wie auch für die israelische Bevölkerung zu garantieren. Auch in der Ukraine kann es Frieden nur durch Diplomatie, durch Verhandlungen, Anerkennung unterschiedlicher Interessen und Kompromisse geben.
Die Politik der Europäischen Union, der G7 Staaten, der Bundesregierung führen zu immer mehr Armut und sozialer Perspektivlosigkeit, vor allem im Globalen Süden. Statt diese Fluchtursachen zu bekämpfen, richtet sich ihre Politik gegen die Menschen, die vor Krieg, Unterdrückung und den Folgen der Ausplünderung ihrer Länder flüchten. Wir verteidigen das Recht auf politisches Asyl. Wir sind solidarisch mit den Kämpfen dieser Menschen für bessere Lebensbedingungen und eine souveräne Entwicklung ihrer Volkswirtschaften.
Der Kapitalismus befindet sich in einer tiefen Krise. Soziale Errungenschaften geraten weltweit in Bedrängnis. Mit dem Bundeshaushalt 2024 wird weiter massiv aufgerüstet, während in den sozialen Bereichen gekürzt wird. Das trifft besonders die Teile der Bevölkerung, die unter Inflation, hohen Energie- und Lebensmittelpreisen auch in Folge der Sanktionspolitik bereits leiden. Die ökonomische und politische Krise in Deutschland verschärft sich mit den NATO-Stellvertreterkriegen und der Konfrontationspolitik gegen Russland und China. Die Unterordnung der Bundesregierung unter die US-Politik befördert Tendenzen der Deindustrialisierung, mit denen der Druck auf Löhne, Arbeitszeiten und Renten steigt, auch mittelständische Unternehmen bedroht sind. Die Krise hat systembedingte Ursachen. Der heutige Monopol-Kapitalismus, der zur Absicherung hoher Profitraten ständig expandieren muss, kommt an seine Grenzen. Wer sozialstaatliche Errungenschaften verteidigen, wer den Frieden und das Klima schützen will, muss die Macht des Monopolkapitals und der Banken einschränken, der Blockkonfrontation widersprechen und den Krieg bekämpfen.
Notwendig ist eine gesellschaftliche Gegenkraft für den Frieden. Eine Kraft, die die politische Emanzipation und soziale Partizipation der Menschen in den Mittelpunkt des Handelns stellt. Nur so können die sozialen Interessen der Mehrheit der Bevölkerung ins Zentrum gerückt und damit erst Umweltschutz, Demokratie und Menschenrechte ermöglicht werden. Nur so können rechtspopulistische und rechtsextreme Parteien wie die AfD zurückgedrängt werden.
Von einem solchen Kurs – Partei der gemeinsamen Interessen der arbeitenden Bevölkerung zu sein – hat sich die Partei DIE LINKE immer mehr entfernt. Klassenpolitik wurde durch Identitäts- und Klientelpolitik für städtische Milieus sowie prinzipienloses Drängen in bürgerliche Regierungspositionen verdrängt. Positionen des Erfurter Programms wurden aufgegeben. Tausende Mitglieder haben deshalb die Partei verlassen oder sich in die Passivität zurückgezogen. Hunderttausende ehemalige Wählerinnen und Wähler bleiben den Wahlurnen fern oder wählen andere Parteien. Eine Mehrheit der Lohnabhängigen nimmt DIE LINKE inzwischen als links-liberalen Flügel herrschender Politik wahr, der sich von der Mehrheit der Bevölkerung entfremdet hat. Dieser Kurs wurde auf dem Augsburger Parteitag noch verschärft.
Mit der Bildung des „Bündnis Sahra Wagenknecht“ gerät die politische Landschaft in Bewegung. Soziale und friedenspolitische Positionen werden gestärkt. Das schwächt die AfD und die anderen militaristischen Parteien. Das BSW und die zu gründende neue Partei wirken mit populären Losungen dafür, dass sozialstaatliche Regulierungen besser verteidigt, Frieden und internationale Zusammenarbeit, Meinungsfreiheit und Demokratie gefördert werden. Viele von uns werden sich in die neue Partei einbringen bzw. Unterstützungsinitiativen bilden.
Wir wollen, dass diese Partei erfolgreich ist. Es ist eine Chance für soziale linke Politik in Deutschland. Es wird zudem darauf ankommen, sich mit den real stattfindenden außerparlamentarischen und gewerkschaftlichen Kämpfen zu verbinden. Wir verstehen uns als Sozialistinnen und Sozialisten, wenngleich der Begriff „Linke“ schwer beschädigt ist. Wir versuchen, linke und sozialistische Traditionen in die neue Partei einzubringen.
Andere von uns werden weiterhin in der Partei Die Linke für Friedenspositionen, sozialistische Ziele und gegen die Verengung linker Politik auf kleine urbane Milieus kämpfen. Sie verteidigen das Erfurter Programm. Sie nutzen verbleibende Einflussmöglichkeiten, wenngleich die Beschlüsse des Parteivorstandes, die anhaltenden Bestrebungen Kritiker aus der Partei zu drängen, sowie das auf dem Bundesparteitag beschlossene Europa-Wahlprogramm, daran mehr als zweifeln lassen.
Wie kommt es, dass sich linke Parteien immer wieder anpassen? Wer sind die Träger solcher Integrationsideologien? Wie können solche Prozesse verhindert werden? Wir werden uns auch damit beschäftigen müssen.
Die „Was tun?!“ Gruppen verstehen sich als eine Brücke zwischen dem Erfurter Programm, sozialistischen Vorstellungen und den neuen Herausforderungen, die sich für die neue Partei, wie auch für DIE LINKE stellen. Dieses Programm enthält brauchbare tagespolitische, wie auch strategische Antworten, die über den Kapitalismus hinausweisen. „Was tun“ kann in Zukunft als kommunikativer Ort dazu beitragen, dass gemeinsame soziale und politische Interessen und Positionen in den Vordergrund gestellt werden. Wir setzen auf die Organisierung von Widerstand von unten gegen den zunehmenden Klassenkampf von oben, auf die Notwendigkeit außerparlamentarischen Handelns. Wir wirken dafür, dass sich die linken Parteien nicht als Gegner betrachten, sondern Bündnisse dort eingehen, wo es sinnvoll ist. „Was tun“ setzt sich für die Wiederbelebung und Stärkung sozialistischen Gedankenguts ein.
Indem wir das „Was tun?!“ Netzwerk stärken, an den Erfahrungen der internationalen Arbeiter- und Friedensbewegung anknüpfen, leisten wir einen Beitrag für den antimilitaristischen und antiimperialistischen Kampf. Wir laden alle ein, die sich für die Wiederherstellung einer politisch wirksamen linken und sozialistischen Perspektive und die Zusammenarbeit sozialistischer Kräfte über Parteigrenzen hinweg einsetzen, sich daran zu beteiligen.
Frankfurt am Main, 2.12.2023