Anmoderation zweiter „Was tun?!“-Kongress am 2.12.2023 in Frankfurt am Main
Kathrin Otte, Koordinierungskreis „Was tun?!“
Ich begrüße euch ganz herzlich zu unserem 2. „Was tun?!“-Kongress mit dem Titel: „AKTIV GEGEN KRIEGE UND SOZIALABBAU!“
Wie Willi van Ooyens einleitende Worte deutlich machen: ob die unverhohlen kriegstreiberische Aufrüstungs-und Militarisierungsstrategie der Regierung aufgeht, hängt nicht zuletzt vom Gelingen einer breiten, wirkmächtigen Friedensbewegung ab.
Diese gilt es, erst recht nach dem Erfolg der Demo am 25.11. in Berlin, weiter und noch erheblich breiter aufzubauen.
Was aber ist wirkmächtig? Worauf kommt es dabei an? Ganz sicher – neben einer entsprechenden Offenheit – auch auf eine zutreffende Einordnung der Gründe für die völlig einseitig entgleiste kriegerische Option des „Wertewestens“. Das ganze auf zunächst kolonialistischer, später imperialistischer Ausbeutung aufgebaute System sieht seine Felle wegschwimmen angesichts eines deutlich selbstbewussteren Globalen Südens, der sich nicht mehr so einfach kolonisieren lässt.
Eine organisierte Abkoppelung vom Dollarsystem unter Einbindung des Wirtschaftsriesen Chinas droht und ein BRICS+-Prozess oder eine Shanghai Organisation für Zusammenarbeit, usw. – um es der notwendigen Kürze halber etwas holzschnittartig auszudrücken – lassen sich nicht wie Libyens versuchte Befreiung des afrikanischen Kontinents von der Dollarmacht zu Tode bomben.
Hierzulande zeigen diese tektonischen Verschiebungen auch ihre Wirkung im gesamten linken und Friedensspektrum.
Wer diesen neuen Weltordnungsdynamiken Rechnung tragen will, läuft derzeit noch Gefahr von denjenigen ausgegrenzt zu werden, die immer noch von „Missständen“ und einem parlamentarisch reformierbaren System ausgehen.
Wir haben im „Was tun?!“-Prozess daher allerhand wechselvolle Momente gehabt, anfangs noch eher vorsichtig die Weigerung der DIE LINKE sich programmgemäß gegen die Tendenzen in Richtung imperialistischem Krieg zu verhalten kritisiert. Darüber sind wir nach dem einschneidenden Verhalten der Linkspartei zur Friedenskundgebung am 25.02. und ganz besonders nach dem Augsburger Parteitag hinaus. Jetzt gilt es, sich offen gegen eine Juniorpartnerschaft der DIE LINKE im NATO-Wertewesten mit Sanktionsabsichten als linksgekleideten Teilnehmerin am imperialistischen Krieg zu wenden.
Der Augsburger Parteitag hat – und dies ist ein wirklicher Trauerfall für dieses Land in diesen zugespitzten Zeiten – mit seiner Verschleierung der Verhältnisse und seiner Weigerung jeglicher Analyse der Grunddynamiken für diese Kriegstendenzen die Partei als politisch endgültig entkernt präsentiert.
Wir haben in „Was tun?!“ unsere Einheit nicht nur in der Bedeutung gefunden, die wir der politischen Analyse methodisch als Ausgangspunkt für unser Handeln geben, – darüber wird uns gleich Peter Wahl Wichtiges berichten – sondern auch in Hinsicht auf die Hauptstoßrichtung: „Gegen den Krieg – gegen den sozialen Krieg!“. Die daran anschließende Frage nach einem internationalistischen Engagement und eines entsprechenden europäischen Organisierungsprozesses, der sich in Anfängen zeigt, kann heute noch nicht behandelt werden, gehört aber auf die Tagesordnung.
Welche Auswirkungen der Kriegskurs auf die soziale Lage einer großen Zahl von Lohnabhängigen und ärmeren Bevölkerungsanteilen hat sowie in Hinsicht auf die Gefahr von rechts – dazu werden wir gleich Klaus Ernst hören.
Symptomatisch der Ausspruch des Verhandlungsführers der Arbeitgeber, Andreas Dressel, SPD, in der aktuellen Tarifrunde des öffentliche Dienstes der Länder: ein Angebot machen sie keins, aber wenn das Einkommen Vollzeitbeschäftigter nicht ausreiche, können diese ja Wohngelde beantragen. Die Empörung darüber hat die Kampfbereitschaft der Beschäftigten geradezu angeheizt!
Wir sehen: im zunehmend erbarmungslos geführten Klassenkampf von oben, wird sich „die lang vermisste Klasse“ nach und nach formieren, welche Rolle spielt in Zukunft aber die Linke im Land? Dazu wird Andreas Grünwald uns einige Gedanken aus unserem „Was tun?!“-Koordinierungskreis und eigene Schlussfolgerungen vermitteln.
In der anschließenden Diskussion hoffen wir auf regen Input eurer Meinung dazu!
Bezugnehmend auf die Nachmittags-Foren wird zunächst Andrej Hunko – der dankenswerterweise für die verhinderte Sevim Dagdelen eingesprungen ist – uns über die Chancen und Optionen einer neuen „BSW-Partei“ berichten, die bereits vor Gründung großen Wirbel in der Parteienlandschaft macht.
Vor der Mittagspause entwickelt Naisan Raji ihre Gedanken zu den möglichen Gründen für ein Scheitern der Linkspartei und welche Schlüsse für sie daraus zu ziehen sind.
Nach der Mittagspause finden sich bitte alle in ihren jeweiligen Foren ein. Nach Berichten aus den Foren behandeln wir gemeinsam den Entwurf unserer Abschlusserklärung und beenden den Kongress dann möglichst pünktlich um 17:00 Uhr
In der Erklärung schlagen wir vor, dass „Was tun?!“ ein kommunikativer Ort sein kann, in dem der politische Anschluss an die sozialistische Debatte und die Erfahrungen der Arbeiter- und Friedensbewegung gelingen könnte.
Die verloren gegangene aufklärerische Vernunft wiederzubeleben ist sicher eine Bedingung für eine Gestaltung der Zukunft. In diesem Sinne wünschen wir euch einen „aufklärerischen“ Kongress und gute Diskussionen!