Liebe Ines Schwerdtner,
lieber Jan van Aken,
als Koordinierungskreis des „Was-tun-Netzwerkes“, einem Zusammenschluss linker Personen aus der gesamten Bundesrepublik, die sowohl Mitglied der Partei Die Linke, des BSW, als auch parteiungebunden sind, wenden wir uns mit einem Anliegen an euch, was uns derzeitig tief bewegt.
Mit Genugtuung und großer Zustimmung haben wir den Beschluss des Hallenser Parteitages zur breiten Unterstützung des Berliner Appells „Gegen neue Mittelstreckenwaffen und für eine friedliche Welt“ zur Kenntnis genommen.
So, wie im Berliner Appell formuliert, sind auch wir tief besorgt über „die Gefahr, in einen atomaren Abgrund zu taumeln oder durch einen konventionellen Krieg umzukommen“.
Dass diese Gefahr real ist, zeigt sich augenblicklich insbesondere im Raketen- und Marschflugkörpereinsatz auf beiden Seiten im Krieg um die Ukraine. Damit wird eine Eskalationsstufe erreicht, die uns alle in einen 3. Weltkrieg führen kann (General a. D. Kujat).
Für uns als Linke gibt es deshalb in der augenblicklichen Situation keine dringendere Aufgabe, als sich für eine aktive Friedenspolitik, eine Deeskalation und eine Waffenruhe im Krieg um die Ukraine einzusetzen. Wir schließen uns dem Bemühen der Genossinnen und Genossen in der Partei Die Linke an, die weiterhin sehr aktiv darum kämpfen, dass es bundesweit innerhalb der Partei endlich zu einer klaren Positionierung zum ‚Frieden ohne Bedingungen‘ kommt und die weiterhin dafür streiten, dass die Eskalationsspirale rückläufig ist und nicht noch stärker angetrieben wird.
Und genau darum ging es in der vergangenen Woche im Sächsischen Landtag.
Die AfD (warum nicht die Partei Die Linke) hatte einen Antrag eingebracht, der, in voller Übereinstimmung mit dem Berliner Appell, die Sächsische Staatsregierung aufgefordert hat sich genau für dessen Verwirklichung einzusetzen. Bei Zustimmung der Partei Die Linke wäre dieser Antrag angenommen worden und hätte für die Bundesregierung und auch für die Bundespolitik hinsichtlich Raketenstationierung und Krieg um die Ukraine weitreichende Bedeutung gehabt.
Das Ergebnis der Abstimmung war für uns jedoch eine tiefe Enttäuschung. Gemeinsam mit den Kriegsparteien CDU, SPD und Grüne haben die Abgeordneten der Partei Die Linke gegen den Antrag gestimmt. Damit haben diese Abgeordneten letztendlich für die Stationierung von US-Mittelstreckenraketen auf deutschem Boden und gegen eine aktive Friedenspolitik in der augenblicklichen Situation gestimmt.
Die einzige Begründung, die Stefan Hartmann als Landesvorsitzenden der Partei Die Linke dazu eingefallen ist „Wenn Faschisten sich als Friedensengel gebärden, sollten Antifaschisten ihnen nicht auf den Leim gehen“. Es geht nicht um irgendwelchen Leim, es geht in der augenblicklichen Situation um Krieg oder Frieden. Der Partei Die Linke fällt es jetzt auf die Füße, dass man bisher nicht darüber gesprochen hat, was Kooperation oder Zusammenarbeit mit der AfD inhaltlich bedeuten kann.
Ein solches Abstimmungsverhalten in einer solchen Existenzfrage der Menschheit stärkt vielleicht die Brandmauer zur AfD, aber sendet gleichzeitig Signale in die Gesellschaft, die diese Partei keinesfalls schwächen – im Gegenteil – sie wird dadurch eher stärker werden.
Die AFD ist auch für uns aufgrund konträrer Positionen in vielen Punkten keine Friedenspartei, aber wir müssen uns inhaltlich mit ihr auseinandersetzen und – so schwer es uns auch fallen mag – richtigen Inhalten ggf. auch zustimmen.
Der AfD wird man nicht durch Brandmauern oder Ausgrenzungspolitik die Basis entziehen, sondern nur durch eine konsequente (!) Friedens- und Sozialpolitik. Dafür hat das Abstimmungsverhalten der Abgeordneten der Partei Die Linke unseres Erachtens sehr geschadet.
Mit solidarischen Grüßen
Karl-Heinz Gläser
Andreas Grünwald
Cornelia Barth
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Hinweis: Dieser Brief ging in Kopie auch an die Bundesgeschäftsstelle der Partei Die Linke, an die Linksfraktion im Landtag von Sachsen sowie an Susanne Schaper und Stefan Hartmann.
Wir verbanden dies mit der Bitte diesen Brief auch an die weiteren Mitglieder des Parteivorstandes sowie die Linke-Abgeordneten im Sächsischen Landtag weiterzureichen.
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i. A. der Koordinierungsgruppe
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